Alexej von Jawlensky - Kind

Das Mädchen ist frontal vor einem rot-blauen Hintergrund widergegeben. Seine Gesichtszüge zeigen typisch kindliche Merkmale: Dunkle, grosse Augen umrahmt von lilafarbenen und grünen Augenschatten, hellrote Wangen, einen zur Herzform geschlossenen, kleinen Mund, der sich in der Form des Gesichts wiederholt. Das dunkelblonde, schulterlange Haar fügt sich zu schweren Farbflächen. Vorwitzig und als farbliche Wiederholung leuchtet eine rote Haarschleife. Der schmale Oberkörper steckt in einem weissen Hemd und einem sich dunkel abhebenden violetten Kleid. Auf Brusthöhe des Mädchens erkennen wir Spuren einer Untermalung mit runden Formen in einem helleren Oval. Es handelt sich um die Darstellung einer Schale mit Früchten, die der Künstler verworfen hatte.

Alexej von Jawlensky lebte seit 1896 in München, wo er mit Wassily Kandinsky befreundet war. Die Künstler suchten nach neuen Wegen in der Malerei, die wegführten vom reinen Abbilden der Natur, hin zu einer Synthese des Gesehenen. Die Formen wurden vereinfacht, die Farben unvermischt verwendet. Prägende Vorbilder waren Henri Matisse und Paul Gauguin. Ihr Einfluss zeigt sich im fauvistischen Kolorit und den schwarzen Konturen. Jawlenskys intensive thematische Auseinandersetzung mit dem Gesicht beginnt in München mit expressionistischen Porträts wie das Kind und gipfelt in der entindividualisierten, farblich hoch differenzierten Serie der Abstrakten Köpfe.

Provenienz

1952 erworben bei Helene Jawlensky als Schenkung für die Übernahme der auf dem Konvolut lastenden Schulden von Karl Im Obersteg

Literatur

Weiler 1959
Clemens Weiler: Alexej Jawlensky, Köln: Verlag M. DuMont Schauberg 1959, Nr. 59, Abb. S. 230

Jawlensky 1991/1998
Maria Jawlensky, Lucia Pieroni-Jawlensky, Angelica Jawlensky: Alexej von Jawlensky. Catalogue Raisonné, 4 Bde., London: Sotheby's Publications 1991-1998, Bd. 1, S. 166, Nr. 193 (dat. um 1908), Abb. S. 174

Baumgartner/von Tavel 1995
Michael Baumgartner und Hans Christoph von Tavel: Die Sammlung Karl und Jürg Im Obersteg, hrsg. von der Stiftung «Sammlung Karl und Jürg Im Obersteg», Bern, Bern: Benteli Verlag, 1995, S. 94-96, Nr. 47, Abb.

Ausstellungen

Bern 1975
Sammlung Im Obersteg, bearb. von Hugo Wagner, hrsg. von Kunstmuseum Bern, 25. Juni-14. Sept. 1975, Nr. 35, Abb.

Wien 2003
Im Banne der Moderne: Picasso, Chagall, Jawlensky, BA-CA Kunstforum, Wien, 4. Sept.-30. Nov. 2003, Nr. 26

Basel 2004
Die Sammlung Im Obersteg im Kunstmuseum Basel. Picasso, Chagall, Jawlensky, Soutine, Kunstmuseum Basel, 14. Febr.-2. Mai 2004, hrsg. von der Stiftung Im Obersteg, Basel: Schwabe Verlag, 2004, Nr. 91

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