Pablo Picasso

Unter den wichtigsten Ensembles der Sammlung Im Obersteg ist die Picasso-Gruppe wohl das Überraschendste. Anders als bei Chagall, Jawlensky oder Soutine fügen sich die Werke hier nicht zu einem harmonisch-kohärenten Ganzen, sondern zeigen weit auseinander liegende Phasen. Die beiden Frühwerke Femme dans la loge und Buveuse d’absinthe von 1901, Nu couché von 1934 und die Plastik La guenon et son petit von 1951. Hinzuzudenken wäre der Arlequin von 1923, der die Sammlung nach 1969 verliess. Die vier Werke zeigen verschiedenste Facetten des künstlerischen Ausdrucks Picassos. Verbindend lässt sich die Abwesenheit der Abstraktion und dafür die Konzentration auf die Figuration beobachten. Dieses Merkmal wie auch eine besondere Liebe für die Farbe prägen grosse Teile der Sammlung Im Obersteg. Die doppelseitig bemalte Leinwand Femme dans la loge / Buveuse d’absinthe demonstriert auf einzigartige Weise den Wechsel vom «präfauvistischen» Frühwerk zur melancholischen blauen Periode. Die beiden Gemälde sind kurz aufeinander in Paris entstanden, als sich der knapp 20-jährige Picasso zum zweiten Mal in der französischen Kunstmetropole aufhielt. Das Bild wurde 1925 für die Sammlung Im Obersteg angekauft, und stellte sich als grossformatige, sitzende Figur an die Seite des bereits 1923 erworbenen Arlequin. Mit Nu couché, einem von Distortion geprägten kleinen Akt, kam 1936 ein weiteres Gemälde Picassos in die Sammlung. Das Bild ist auf den 16. Juni 1934 datiert und gehört einer Reihe von Aktdarstellungen an, die der Künstler nach seiner damaligen Geliebten, der Schweizerin Marie-Thérèse Walter geschaffen hatte. Die junge Schweizerin inspirierte Picasso zu den erotischsten Werken seines Schaffens.
Die Bronze, La quenon et son petit von 1951, ist eine originelle Verbindung von gefundenen Alltagsgegenständen (Spielzeugautos, Keramikteile) und eigens geformter Plastik. Picasso entwickelte die Technik der dreidimensionalen Assemblage seit 1930.

Aufsatz Hartwig Fischer, PDF, 333 KB